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Willkommen im Glossar zu den Schlüsselbegriffen der Kunstliteratur!

zu "Die Verwendung des Begriffes bei Alberti"

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Auszug aus dem Wiki als Beispieltext:

grazia

grazia leitet sich aus dem lateinischen Begriff gratiosus ab, welcher mit Gunst erweisend, gefällig, freundlich, begünstigt, beliebt und angesehen übersetzt werden kann. Der Begriff der grazia ist unter dem Einfluss des Florentiner Neoplatonismus im 15. Jahrhundert mit einer neuen Bedeutungsebene belegt worden. So steht er für etwas Positives und bis ins Göttliche Reichendes. grazia selbst wird häufig in Zusammenhang mit Schönheit (belezza), Perfektion (perfezzione), Liebreiz (vaghezza), Lässigkeit (sprezzatura), Regelwidrigkeit (licenzia) und Erfindung (invenzione) erwähnt.

In der Kunstgeschichte taucht der Begriff vermehrt in der Renaissance auf. Mit der Schönheit (bellezza) und der Tugend (virtus) wird er zum bedeutendsten Konzept künstlerischen Schaffens im 16. Jahrhundert. Er bezieht sich hauptsächlich auf die Darstellung von Personen im Hinblick auf die Formschönheit der Körper, die perfekte Perspektive und die Verhältnisse der Bildgegenstände untereinander [Vgl. Misura] und auf die farblich herausragende Ausführung [Vgl. Colore].1) Im Folgenden soll die Verwendung des Begriffes grazia in verschiedenen kunsttheoretischen Texten genauer definiert werden.

Verwendung des Begriffs in der Kunstliteratur

Die Verwendung des Begriffes bei Alberti

In seinem Traktat Über die Malkunst in der Ausgabe von Oskar Bätschmann verknüpft Leon Battista Alberti den Begriff der grazia aufs Engste mit der Komposition: „Aus der Komposition der Flächen entsteht in den Körpern jene Anmut [grazia], die Schönheit genannt wird“2). Nachvollziehbar macht er diese Vorstellung am Beispiel der Darstellung des menschlichen Gesichtes:

„Sieht man ein Gesicht, das sowohl große wie kleine Flächen aufweist, hier stark gewölbte, dort übermäßig eingezogene wie bei den Gesichtern alter Frauen, so wird sein Anblick überaus hässlich sein. Aber wenn die Flächen von Antlitzen so miteinander verbunden sind, dass sie sanfte und zarte Schatten und Lichter einfangen und keine harten Kanten aufweisen, so werden wir diese bestimmt wohlgestaltet und lieblich nennen. Folglich strebt man in der Komposition von Flächen hauptsächlich Anmut [grazia]und Schönheit [belezza] der Dinge an.“3)

Das Grundprinzip für das Erreichen der grazia in der Kunst stellt für ihn die Nachahmung der schönsten Dinge der Natur dar. „Es gilt, die Natur selbst ins Auge zu fassen und lange und aufs sorgfältigste darauf zu achten, wie eben die Natur, die wunderbare Bildnerin der Dinge, auf den schönsten Gliedern die Flächen zusammengefügt hat.“ 4)

Die schrittweise erfolgende, naturgetreue Nachahmung und Synthese der schönsten Flächen, Glieder und Körper nennt er Komposition. Die harmonische Abstimmung dieser drei Teile wird als das vollendete Werk des Künstlers angesehen und als „Vorgang“ 5) bezeichnet. Der Vorgang muss zudem etwas Neues und Überbordendes beherbergen, denn nur durch die Ausstrahlung eines eigentümlichen Reizes vermag das Werk anmutig und schmuckreich zu wirken und den Betrachter somit zu fesseln.

1)
Genauere Hinweise dazu siehe hier.
2)
ALBERTI, Leon Battista, Della Pittura/ Über die Malkunst, hrsg., eingel., übers. u. komm. v. BÄTSCHMANN, Oskar, 3. Aufl. Darmstadt 2010. S.257. Im Original heißt es: „illa elegans in corporibus concinnitas et gratia extat, quam pulchritudinem dicunt.“
3)
Leon Battista Alberti, Della Pittura - Über die Malkunst, hrsg. v. Oskar Bätschmann u. Sandra Gianfreda, Darmstadt 2002, S. 121.
4)
ALBERTI, Leon Battista, Della Pittura/ Über die Malkunst, hrsg., eingel., übers. u. komm. v. BÄTSCHMANN, Oskar, 3. Aufl. Darmstadt 2010. S.257.Im Original heißt es: „In qua imitanda omni cogitatione et cura versari veloque quod diximus vehementer delectari oportet.“ - ALBERTI, Leon Battista, Della Pittura/ Über die Malkunst, hrsg., eingel., übers. u. komm. v. BÄTSCHMANN, Oskar, 3. Aufl. Darmstadt 2010. S.257.
5)
ALBERTI, Leon Battista, Della Pittura/ Über die Malkunst, hrsg., eingel., übers. u. komm. v. BÄTSCHMANN, Oskar, 3. Aufl. Darmstadt 2010. S. 256. Im Original heißt es: „historia“
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