Erfahrungsbericht E-Klausur "Überblick Frühe Neuzeit"

Motivationen für die Durchführung der E-Klausur gab es viele: zunächst sicherlich der Wunsch, die Korrekturen einer so großen Anzahl von Klausuren zu vereinfachen und zu beschleunigen (den Studierenden entsprechend auch schon schnell die Ergebnisse mitzuteilen). Zum anderen reizte einfach das neue Angebot und weckte sowohl Neugierde wie auch das Verlangen, mitzuwirken an der Entwicklung von neuen Formen der Wissensabfragung. Aus Erfahrungen mit vorhergehenden Überblicksvorlesungen war zudem bekannt, dass bei den Studierenden eine größere Lernbereitschaft besteht, wenn das Wissen am Ende des Semesters systematisch abgefragt wird.

Die Vorbereitungsphase

Schnell zeigte sich, dass einiges von der Zeit, die man durch die vereinfachte Form der Korrektur am Ende gewinnen würde, in der Vorbereitungsphase verbraucht wurde. Zunächst musste zu einem relativ frühes Zeitpunkt das Material (Fragen und Bildmaterial) bereitgestellt werden. Der frühe Zeitpunkt war unproblematisch für eine Überblicksvorlesung mit verhältnismäßig klar umrissenem Stoff, könnte aber bei Vorlesungen mit freien Themen Probleme mit sich bringen. Was die Abfassung und Konzeption der Fragen angeht, konnte Sven Slotosch vom HRZ fundierte Hilfestellung leisten: In einer Test-Klausur konnten wir uns die verschiedenen Fragetypen vor Augen führen, die dann an unsere Fragestellungen angepasst werden mussten. Schnell wurde deutlich, dass gerade in den Fächern, in denen intensiv mit Bildmaterial (und dessen Auswertung) gearbeitet wird, die E-Klausuren ganz andere und letztlich viel bessere Ausgangssituationen schafft: wie sonst als mit dem eigenen Bildschirm vor Augen sollte man beispielsweise in einer Klausur die Studierenden eine Reihe von Kunstwerken chronologisch sortieren lassen (und ihnen während der Klausur die Möglichkeit geben, die Anordnung noch einmal in der Gegenüberstellung zu prüfen)? Nachdem eine erste Version der Klausur erstellt war, ließen wir in einer Art Probelauf einige Kollegen im Institut ihre Erfahrungen damit machen und hatten durchweg positive Resonanz bzw. konnten auch schon Werbung für das Modell E-Klausur machen.

Vorbereitung der Studierenden

Die Studierenden wurden sowohl in den Tutoraten als auch in der Vorlesung mit dem neuen Format der E-Klausur vertraut gemacht. Einige Studierenden äußerten Skepsis, bei genauerem Nachfragen versteckte sich dahinter wohl vor allem eine gewisse „Angst vor der Technik“. Herr Sven Slotosch erläuterte ca. zwei Wochen vor dem Klausurtermin zu Beginn einer Vorlesungssitzung noch einmal das genaue Procedere, sowohl in technischer als auch in organisatorischer Hinsicht. Da eine sehr große Anzahl von Studierenden an der Klausur teilnahm, stellte nicht nur die Erfassung aller mit Namen und Matrikelnummern, sondern auch die Aufteilung der Gruppen in einer Weise, dass keine Klausurfragen „durchsickern“ konnten, die Mitarbeiter des HRZ vor eine echte Herausforderung.

Die Durchführung der Klausur

Die Klausur wurde – wegen der großen Gruppe und keiner Verfügbarkeit einer ausreichenden Anzahl von Leihlaptops – in verschiedenen Räumen des HRZs durchgeführt. Die Organisation – Verteilung in die Räume in zwei verschiedenen Zeitphasen – klappte sehr gut, allerdings mussten die Teilnehmer der ersten Gruppe bis zum Ablauf der vorgesehenen Zeit im Raum verbleiben, um keine Klausurfragen an die zweite Gruppe weitergeben zu können (was zu gewissem Unmut führte). Eine Organisation von Leihlaptops und Durchführung der Klausur in der Räumlichkeit, in der auch die Vorlesung stattfindet, ist sicherlich die bessere Lösung. Auf der anderen Seite stand – anders als es in einem größeren Raum vorgesehen gewesen wäre – auf diese Weise in jedem Raum mindestens ein Ansprechpartner zur Verfügung, der bei technischen Fragen sofort Unterstützung anbieten konnte. Die Tutoren und die Dozentin waren außerdem vor Ort, um bei kunsthistorischen Fragen auf übergeordneter Ebene Erläuterungen zu geben. Aufs Ganze gesehen jedoch lohnte sich der erhöhte Aufwand in der Bereitstellung von Räumen und technischen Geräten und der Organisation von Aufsichten.

Nachbereitung der Klausur

Die anfängliche Idee, dass nach der Klausur jeder Prüfling sich selbst sofort über seinen Erfolg informieren kann, erwies sich als naiv: Da einige Lückentextfragen in die Klausur aufgenommen waren, mussten hier alle abweichenden Schreibweisen manuell überprüft werden (Arbeitsaufwand von ca. 1 Stunde). Danach konnte die Aufstellung aller Matrikelnummern derjenigen Studierenden, die die Klausur bestanden hatten, als PDF online gestellt werden und die Teilnehmer konnten nur wenige Tage nach der Klausur sehen, ob sie erfolgreich waren.

Stimmen im Nachklang

Im Anschluss an die Klausur gab es überwiegend bzw. durchweg sehr positive Reaktionen von Seiten der Studierenden. Trotz der Klausursituation habe es geradezu Spaß gemacht, die Fragen zu bearbeiten (durch den „spielerischen“ Umgang mit den Werken, die Interaktivität und die unterschiedlichen Fragetypen). Als sehr positiv auch im Sinne einer Repetition des Gelernten empfand man das direkte Arbeiten mit den Werken in den Abbildungen. In der Tat gab es während der Durchführung der Klausur nur wenige Nachfragen der Studierenden zum Ablauf und zum allgemeinen Verständnis, und entgegen der anfänglichen Zweifel hinsichtlich der ungewohnten Situation am PC gab es offenbar letztendlich kaum Probleme.

Negativ wurde im Nachhinein vermerkt, dass im Vorfeld „zu viel Wind“ um das neue Format der E-Klausur gemacht worden sei; dies habe eventuell Ängste geschürt. Sollte das Format künftig zu den normalen Abfragemöglichkeiten der Universität gehören, wird diese Klippe – einer zu großen „Aufregung“ bei Organisatoren und Studierenden - dann leichter gemeistert werden können.

Was die Stimmen der Evaluierung angeht, die von den Studierenden direkt im Anschluss an die Klausur erbeten wurde und in denen sie sich zum Teil sehr ausführlich äußerten, empfindet man als Organisatorenteam das Lamento darüber, dass die Lehrenden durch die E-Klausuren doch „einfach nur Zeit sparen“ wollten, als einen bitteren „Stachel“: In die Rolle eines jener grauen Männer mit dicker, aus einer Stundenblume gerollten Zigarre aus der Welt von Michael Endes Momo gedrängt möchten wir darauf hinweisen, dass man diese „gewonnene“ Zeit ganz wunderbar in die individuelle Betreuung der Studierenden und in eine intensive Besprechung der schriftlichen Seminararbeiten legen kann: in Arbeiten also, die selbstverständlich weiterhin nicht über elektronische Formen abgeprüft werden sollen und können.

Fazit

Das Format der E-Klausur ist im hohen Maße sinnvoll für Überblicksvorlesungen und Propädeutika in der Kunstgeschichte: Eine große Menge von Kunstwerken in Bildbeispielen kann abgefragt werden. Durch die Vielzahl an unterschiedlichen Aufgabentypen geschieht dies auf abwechslungsreiche Art und Weise. Gerade diese Verfügbarmachung von hochwertigen Abbildungen stellte sich als ein absoluter Vorteil gegenüber der Papierklausur heraus: die Werke werden hierdurch in der Klausur noch einmal vor Augen geführt: dies fördert intensiv das Einprägen der Denkmäler und Künstler, die zuvor im Semester vorgestellt wurden.
Abschließend ist zu sagen, dass wir sehr froh sind, als Pilotfach an dem Projekt der E-Klausuren teilgenommen zu haben. Wir würden es in höchstem Maße bedauern, wenn diese erste E-Klausur nur ein einmaliges Projekt am Kunstgeschichtlichen Institut bliebe.

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